Karriere
11 Min Lesezeit
9. Dezember 2025

Von der Anstellung zur Stuhlmiete: Ein Erfahrungsbericht

Sarah erzählt von ihrem Weg in die Selbstständigkeit und was sie dabei gelernt hat.

NI

NICNOA Team

Redaktion

Von der Anstellung zur Stuhlmiete: Ein Erfahrungsbericht

Mein Weg in die Selbstständigkeit: Wie ich den Sprung von der Festanstellung in die Stuhlmiete wagte

Vor zwei Jahren stand ich an einem Wendepunkt. Acht Jahre lang hatte ich als angestellte Friseurin gearbeitet – tagein, tagaus, Woche für Woche. Ich war gut in meinem Job, meine Kunden mochten mich, und eigentlich hätte alles so weitergehen können. Eigentlich.

Doch tief in mir wusste ich: So kann es nicht bleiben. Nicht, weil der Job schlecht war. Sondern weil ich spürte, dass mehr in mir steckt. Mehr Potenzial, mehr Ideen, mehr Energie – die in den starren Strukturen meiner Anstellung einfach keinen Platz fanden.

Heute, zwei Jahre später, bin ich selbstständig. Ich arbeite in Stuhlmiete, verdiene deutlich mehr als vorher und habe endlich die Freiheit, die ich mir immer gewünscht habe. Aber der Weg dorthin war alles andere als geradlinig. In diesem Artikel erzähle ich dir meine Geschichte – mit allen Höhen und Tiefen, allen Zweifeln und Durchbrüchen. Vielleicht erkennst du dich darin wieder. Vielleicht gibt sie dir den Mut, deinen eigenen Weg zu gehen.

Der Anfang: Acht Jahre im goldenen Käfig

Versteh mich nicht falsch – meine Zeit als Angestellte war keine schlechte Zeit. Ich habe unglaublich viel gelernt, tolle Kolleginnen kennengelernt und mir einen soliden Kundenstamm aufgebaut. Der Salon, in dem ich arbeitete, hatte einen guten Ruf, und ich war stolz, Teil des Teams zu sein.

Aber mit den Jahren schlich sich ein Gefühl ein, das ich lange nicht benennen konnte. Es war kein Burnout, keine Erschöpfung. Es war eher ein leises Unbehagen, das immer lauter wurde. Ich fühlte mich eingeengt – wie ein Vogel in einem komfortablen, aber eben doch geschlossenen Käfig.

Die festen Arbeitszeiten

Jeden Morgen um 8:30 Uhr musste ich im Salon stehen, ob ich wollte oder nicht. Ob ich einen produktiven Tag vor mir hatte oder ob die Termine dünn gesät waren. Die Mittagspause war von 13 bis 14 Uhr, Feierabend um 18 Uhr – außer samstags, da ging es bis 16 Uhr. Keine Flexibilität, keine Ausnahmen.

Als meine beste Freundin heiratete, musste ich um Urlaub betteln. Als meine Mutter krank wurde, war jeder Arzttermin ein organisatorisches Kunstwerk. Ich hatte das Gefühl, dass mein Leben sich dem Dienstplan unterordnen musste – nicht umgekehrt.

Die vorgegebenen Preise

Noch frustrierender waren die Preise. Die Chefin legte fest, was eine Behandlung kostete. Punkt. Es spielte keine Rolle, dass ich bei manchen Techniken schneller und besser war als andere. Es spielte keine Rolle, dass meine Beratungen ausführlicher waren und meine Kunden zufriedener gingen. Alle bekamen denselben Stundensatz – egal ob Anfängerin oder erfahrene Stylistin.

Ich erinnere mich an einen Moment, der mir die Augen öffnete. Eine Stammkundin schwärmte davon, wie ihre Freundin für eine ähnliche Behandlung das Doppelte bezahlt hatte – bei einer selbstständigen Friseurin mit eigenem kleinen Salon. „Aber bei dir ist es genauso gut", sagte sie. „Eigentlich sogar besser." In dem Moment fragte ich mich zum ersten Mal ernsthaft: Warum verdiene ich nicht, was meine Arbeit wert ist?

Das Gefühl, austauschbar zu sein

Das Schlimmste war vielleicht das Gefühl, nur ein Rädchen im Getriebe zu sein. Meine Ideen für den Salon? Wurden freundlich angehört und dann ignoriert. Meine Vorschläge für neue Behandlungen? Zu aufwendig, zu riskant, zu anders. Ich sollte funktionieren, nicht gestalten.

Nach acht Jahren hatte ich genug. Nicht wütend genug, um hinzuschmeißen. Aber entschlossen genug, um nach Alternativen zu suchen.

Die Entscheidung: Zwischen Angst und Aufbruch

Selbstständigkeit. Das Wort klang verlockend und beängstigend zugleich. Ich träumte davon, mein eigener Chef zu sein. Aber ich hatte auch Albträume von leeren Terminkalendern, unbezahlten Rechnungen und dem Scheitern vor aller Augen.

Monatelang schob ich die Entscheidung vor mir her. Ich las Artikel über Selbstständigkeit, sprach mit Kolleginnen, die den Sprung gewagt hatten, und rechnete abends im Bett immer wieder durch, ob es finanziell funktionieren könnte. Die Zahlen sahen gut aus. Aber die Angst blieb.

Die Stimmen im Kopf

Du kennst diese inneren Stimmen wahrscheinlich. Die, die dir einreden wollen, dass du nicht gut genug bist. Dass andere das vielleicht schaffen, aber du nicht. Dass es zu riskant ist, zu spät, zu früh, zu was-auch-immer.

Bei mir klangen sie ungefähr so: „Du bist doch gut versorgt. Warum das Risiko eingehen?" Oder: „Was, wenn deine Kunden nicht mitkommen?" Und der Klassiker: „Du hast doch keine Ahnung von Buchhaltung und Steuern. Das wird ein Desaster."

Diese Stimmen waren laut. Aber irgendwann wurde eine andere Stimme lauter. Die Stimme, die fragte: „Was, wenn es funktioniert? Was, wenn du in fünf Jahren zurückblickst und bereust, es nicht versucht zu haben?"

Der entscheidende Impuls

Den letzten Anstoß gab mir ein Gespräch mit einer Kollegin, die bereits in Stuhlmiete arbeitete. Sie erzählte mir von NICNOA und dem Konzept, das sie dort gefunden hatte. Kein kompletter Alleingang, sondern Selbstständigkeit mit Netz und doppeltem Boden. Ein professioneller Rahmen, in dem ich mein eigenes Business aufbauen konnte – ohne einen eigenen Salon finanzieren zu müssen.

Das war der Moment, in dem ich verstand: Ich muss nicht alles alleine schaffen. Es gibt Strukturen, die den Übergang erleichtern. Menschen, die diesen Weg schon gegangen sind und ihr Wissen teilen.

Zwei Wochen später hatte ich mein Kündigungsschreiben eingereicht. Die Angst war nicht verschwunden. Aber der Wille war stärker.

Die Vorbereitung

Ich nutzte die Kündigungsfrist, um mich so gut wie möglich vorzubereiten. Ich baute ein finanzielles Polster auf – drei Monatsgehälter, die mir Sicherheit gaben. Ich sprach mit einem Steuerberater über die Grundlagen der Selbstständigkeit. Und ich informierte meine treuesten Stammkunden behutsam über meine Pläne.

Die Reaktionen meiner Kunden überraschten mich. Statt Enttäuschung erntete ich Begeisterung. „Endlich!", sagten einige. „Das wird Zeit, dass du dein eigenes Ding machst." Diese Unterstützung gab mir Kraft für das, was vor mir lag.

Die ersten Monate: Stolpern, Aufstehen, Weitergehen

Ich werde nicht lügen: Die ersten Monate waren hart. Härter, als ich erwartet hatte. Nicht weil das Konzept nicht funktionierte – sondern weil ich so viel Neues lernen musste, während ich gleichzeitig meinen Lebensunterhalt verdienen wollte.

Plötzlich war ich nicht mehr nur Friseurin. Ich war auch Unternehmerin, Marketingexpertin, Buchhalterin und Kundenakquisiteurin in einer Person. Die Lernkurve war steil.

Marketing – meine größte Herausforderung

Als Angestellte musste ich mich nie um Kundengewinnung kümmern. Die Kunden kamen einfach – weil der Salon bekannt war, weil die Chefin Werbung machte, weil es schon immer so lief. Jetzt war ich plötzlich selbst dafür verantwortlich, meinen Terminkalender zu füllen.

Ich erstellte einen Instagram-Account und postete Vorher-Nachher-Bilder. Ich verteilte Visitenkarten. Ich bat zufriedene Kunden um Bewertungen. Anfangs fühlte sich das seltsam an – fast wie Angeberei. Aber ich lernte schnell: Wenn du nicht zeigst, was du kannst, weiß es niemand.

Nach ein paar Wochen kamen die ersten Anfragen von Menschen, die mich über Social Media entdeckt hatten. Das Gefühl, einen neuen Kunden durch meine eigene Arbeit gewonnen zu haben, war unbeschreiblich. Viel besser als jeden Kunden zugeteilt zu bekommen.

Finanzen – die ungeliebte Pflicht

Rechnungen schreiben, Einnahmen dokumentieren, Ausgaben tracken, Steuern vorausplanen – all das war Neuland für mich. In den ersten Wochen verbrachte ich Abende damit, YouTube-Tutorials über Buchhaltung zu schauen und Excel-Tabellen zu basteln.

Mein Steuerberater wurde zum wichtigsten Verbündeten. Die monatliche Investition in professionelle Beratung hat sich hundertfach ausgezahlt – nicht nur finanziell, sondern auch in Form von Seelenfrieden. Ich wusste, dass jemand den Überblick behielt, während ich mich auf meine Kunden konzentrieren konnte.

Ein Tipp, den ich jedem weitergeben würde: Unterschätze die finanziellen Aspekte nicht. Aber lass dich auch nicht davon lähmen. Es ist weniger kompliziert, als es aussieht – wenn du dir die richtige Hilfe holst.

Die emotionale Achterbahn

Was mich am meisten überraschte, war die emotionale Intensität dieser Phase. An manchen Tagen fühlte ich mich unbesiegbar. Die Freiheit, selbst zu entscheiden. Die Freude über jeden neuen Kunden. Das Gefühl, endlich mein eigenes Ding zu machen.

An anderen Tagen kamen die Zweifel zurück. Wenn ein Termin abgesagt wurde. Wenn die Einnahmen einer Woche unter meinen Erwartungen blieben. Wenn ich abends alleine im Salon saß und mich fragte, ob das alles ein riesiger Fehler war.

Was mir half: Austausch mit anderen, die denselben Weg gingen. In der NICNOA-Community fand ich Menschen, die meine Sorgen verstanden, weil sie sie selbst kannten. Zu wissen, dass diese Gefühle normal sind, machte sie erträglicher.

Heute: Die Früchte der Entscheidung

Zwei Jahre später kann ich sagen: Es hat sich gelohnt. Jeder schwierige Moment, jede schlaflose Nacht, jeder Zweifel – all das war der Preis für ein Leben, das sich endlich richtig anfühlt.

Die Zahlen sprechen für sich. Aber ehrlich gesagt sind es nicht die Zahlen, die mich am meisten freuen.

40 Prozent mehr Verdienst

Ja, ich verdiene heute deutlich mehr als in meiner Anstellung. Etwa 40 Prozent mehr, um genau zu sein. Und das, obwohl ich weniger Stunden arbeite als früher. Wie ist das möglich?

Erstens: Ich bestimme meine Preise selbst. Sie spiegeln den Wert meiner Arbeit wider – nicht einen Durchschnittstarif, der für alle gilt. Zweitens: Jeder Euro, den ich verdiene, bleibt bei mir (abzüglich der Stuhlmiete natürlich). Kein Arbeitgeber, der den Löwenanteil einstreicht. Drittens: Ich arbeite effizienter, weil ich motivierter bin. Meine Produktivität ist gestiegen, seit ich für mich selbst arbeite.

Work-Life-Balance, die diesen Namen verdient

Noch wertvoller als das Geld ist die Freiheit. Ich arbeite, wann ich will. Wenn ich morgens eine Stunde Yoga machen möchte, tue ich das. Wenn meine Mutter einen Arzttermin hat, bin ich dabei. Wenn ich mittwochs frei haben will, habe ich mittwochs frei.

Natürlich bedeutet Selbstständigkeit auch, dass du manchmal abends oder am Wochenende arbeitest. Aber es ist deine Entscheidung. Du tauschst nicht Freiheit gegen Geld – du tauschst Flexibilität gegen Eigenverantwortung. Für mich ist das der bessere Deal.

Ein Kundenstamm, der wächst

Das Schönste: Meine Kunden kommen zu mir, weil sie mich wollen. Nicht weil ich gerade frei bin oder weil sie einen Termin zugeteilt bekommen haben. Sie wählen mich bewusst aus – und das merke ich in jeder Interaktion.

Mein Kundenstamm wächst stetig. Durch Empfehlungen, durch Social Media, durch die Qualität meiner Arbeit. Jeder neue Kunde ist ein Vertrauensbeweis, den ich nicht als selbstverständlich betrachte.

Meine Tipps für deinen Weg in die Selbstständigkeit

Wenn du mit dem Gedanken spielst, den Sprung zu wagen, möchte ich dir ein paar Dinge mitgeben. Keine allgemeingültigen Erfolgsrezepte – denn jeder Weg ist anders. Aber Erfahrungen, die mir geholfen haben und die vielleicht auch dir nützen.

Baue ein finanzielles Polster auf

Bevor du kündigst, spare genug Geld, um mindestens drei Monate ohne Einkommen überstehen zu können. Dieses Polster gibt dir die Freiheit, in den ersten Monaten nicht jeden Termin annehmen zu müssen. Es nimmt den Druck und erlaubt dir, strategisch statt panisch zu handeln.

Ich weiß, dass Sparen nicht immer einfach ist. Aber selbst kleine Beträge summieren sich. Fang heute an, nicht morgen.

Informiere deine Stammkunden rechtzeitig

Deine treuen Kunden sind dein wichtigstes Kapital. Informiere sie frühzeitig über deine Pläne – persönlich, nicht per Massenmail. Erkläre ihnen, was sich ändert und was gleich bleibt. Die meisten werden dir folgen, wenn du sie respektvoll behandelst.

Wichtig: Kläre vorher, ob dein Arbeitsvertrag Wettbewerbsklauseln enthält. In manchen Fällen darfst du Kunden nicht aktiv abwerben. Informieren ist aber etwas anderes als abwerben – hier liegt ein wichtiger Unterschied.

Nutze die ersten Wochen für Marketing

Die erste Zeit in der Selbstständigkeit ist oft ruhiger als gewohnt. Nutze diese Zeit produktiv. Baue deine Online-Präsenz auf, erstelle Inhalte für Social Media, vernetze dich mit anderen in der Branche. Diese Investition zahlt sich aus, wenn die Termine später voller werden.

Hab keine Angst, dich zu zeigen. Deine Arbeit ist gut – sonst hättest du nicht den Mut, diesen Schritt zu gehen. Zeig der Welt, was du kannst.

Sei geduldig – Erfolg braucht Zeit

Erwarte nicht, dass alles sofort funktioniert. Die ersten Monate sind eine Aufbauphase. Manche Wochen werden besser sein als andere. Das ist normal und kein Zeichen des Scheiterns.

Halte durch, auch wenn es schwierig wird. Die meisten Menschen geben zu früh auf – kurz bevor der Durchbruch gekommen wäre. Sei nicht eine von ihnen.

Fazit: Der Mut, etwas Neues zu wagen

Wenn ich heute zurückblicke, bin ich unendlich dankbar, dass ich den Sprung gewagt habe. Nicht weil alles perfekt läuft – das tut es nie. Sondern weil ich endlich das Gefühl habe, mein Leben selbst zu gestalten.

Die Selbstständigkeit ist kein Allheilmittel. Sie bringt neue Herausforderungen mit sich, neue Verantwortungen, neue Unsicherheiten. Aber für mich überwiegen die Vorteile bei Weitem. Die Freiheit, die Erfüllung, das Gefühl von Selbstbestimmung – all das war den Preis wert.

Die beste Entscheidung meines Lebens war, den Mut zu haben, etwas Neues zu wagen.

Vielleicht ist das auch dein Weg. Vielleicht nicht. Aber wenn du diesen Artikel bis hierher gelesen hast, brennt wahrscheinlich schon ein Funke in dir. Ein Funke, der fragt: Was wäre, wenn?

Hör auf diesen Funken. Er weiß mehr, als du denkst.


Du überlegst, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen? Bei NICNOA findest du die Unterstützung, die du brauchst – von der ersten Idee bis zum erfolgreichen eigenen Business. Dein Weg beginnt mit einem einzigen Schritt.

Zurück zum Blog